Hintergrund
Der Stadtrat hat am 23.06.2020 eine Fortschreibung des Verkehrskonzept der Stadt Bobingen aus dem Jahr 2005 beschlossen. Wir von den GRÜNEN Bobingen haben uns im Vorfeld im Rahmen einer öffentlichen Ortsversammlung und danach intensiv Gedanken über unsere Vorstellungen zur einer zukunftsfähigen und nachhaltigen Mobilität gemacht. Dabei ist unser Positionspapier entstanden, das ich Euch in diesem Beitrag vorstellen möchte.
Einleitende Gedanken
Ganz grundsätzlich ist der Verkehr und die Infratstruktur auf dem Land zu stark am Auto orientiert. Den Menschen bieten sich kaum sinnvolle nachhaltige Alternativen, obwohl 82% der Deutschen eine andere Verkehrspolitik befürworten. Diese soll nicht länger auf den Autoverkehr ausgerichtet sein, sondern den öffentlichen Raum für Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und öffentliche Verkehrsmittel umgestalten. Dabei zahlen wir einen hohen Preis für den Individualverkehr, wenn eine endlose Kette von Autos vorbei rauscht, unsere schöne Landschaft verschandelt wird und wir im Stau Lebenszeit verlieren. Kurz gesagt der Verkehr kostet uns Lebensqualität. Deshalb setzen wir Bobinger GRÜNE uns für ein zukunftsfähiges und nachhaltiges Mobilitätskonzept ein nach dem Motto: Mehr Mobilität – weniger Verkehr.
Struktur des Artikels
Unsere Leitgedanken und Ideen als Input haben wir an die Stadt Bobingen weitergeben, sodass sie in die Fortschreibung des Mobilitätskonzepts für Bobingen einfließen können. Zuerst stelle ich die 10 Punkte als unsere Leitgedanken vor und danach konkrete grüne Ideen. Am Ende teile ich meine Meinung mit euch.
Zielsetzung - 10 Punkte
Die Klimakrise macht auch vor Bobingen nicht halt. Deshalb wünschen wir uns eine vorbildhafte Rolle Bobingens im Landkreis und die Einhaltung der Pariser Klimaziele. Konkret sollen die einzelnen Mobilitätsmaßnahmen maßgeblich an deren Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaziele priorisiert, gemessen und kontinuierlich verfolgt werden.
Infrastruktur legt buchstäblich die Wege in unserer Zukunft fest. Darum soll besonderer Fokus auf den Umweltverbund und nachhaltige, ökologische Lösungen gelegt werden, die starke Anreize für Fuß-, Fahrradverkehr und ÖPNV schaffen.
Diesen Fokus möchten wir unterstreichen, indem wir dem Radverkehr als preiswertes, gesundes, ökologisches und praktisches Verkehrsmittel fördern. Darum soll Bobingen Fahrradstadt werden, in der Fahrrad fahren Spaß macht und sicher ist.
Seit Jahrzehnten steht ein barrierefreier Ausbau des Bahnhofs still. Dabei ist der Bahnhof ein Mobilpunkt mit enormer Bedeutung. Deshalb soll sich die Kommune weiterhin mit Vehemenz für einen barrierefreien Bahnhof einsetzen.
Der Ausbau der Infrastruktur für den Individualverkehr bringt hohe Kosten, nicht nur in Geld, sondern auch in Form von Landschaftsverbrauch, Lärm, für die Umwelt und auch die Lebensqualität mit sich. Deshalb setzen wir uns für den Stopp aller Straßenneubau und -ausbauprojekte ein (mit Ausnahme der notwendigen Erschließung von bereits beschlossenen Neubaugebieten).
Bei der Umsetzung der Maßnahmen erwarten wir Experimentierfreude in der Umsetzung und mit Bürger*innenbeteiligung in der Bewertung der Versuche.
Infrastruktur allein bringt nichts. Nur das Zusammenspiel einer sinnvollen, zukunftsfähigen Infrastruktur und einer kreativen, ansprechenden Öffentlichkeitsarbeit sowie Ideenwettbewerbe hin zu einen Mobilitätswandel halten wir GRÜNE für sinnvoll.
Weniger Durchgangsverkehr führt zu weniger Schadstoffen, weniger Lärm und einem geringeren Unfallrisiko in der Innenstadt und letztlich zu einer höheren Aufenthaltsqualität. Darum setzen wir uns für eine weitere Temporeduzierung im gesamten Stadtgebiet ein.
Alternativen Antrieben wie Elektromobilität und Brennstoffzellen gehört die Zukunft und wird im Rahmen der Corona-Pakete stark gefördert. Ohne die nötige Ladeinfrastruktur verpuffen dieses Fördermaßnahmen jedoch. Darum fordern wir den maßvollen Aufbau und Ausbau einer E-Ladeinfrastruktur für E-Autos und E-Bike, ebenso wie die Errichtung eines Lastenräder-Mietsystems.
Viele Fahrzeuge verdienen aufgrund der geringen Nutzung eher den Namen Stehzeug. Wir wollen deshalb, dass Fahrzeuge im Carsharing geteilt werden und daran ein Senior*innenfahrdienst angeschlossen wird, der allen Ortsteilen offen ist und mit dem unsere Senior*innen mobil bleiben. Jedes Carsharing-Auto trägt zur Abschaffung von acht bis 20 privaten Pkw bei.
Ideensammlung mit interaktiver Karte
Neben den zehn Punkten als Leitplanken für eine zukunftsfähige und nachhaltige Mobilität in Bobingen haben wir Bobinger Grüne uns einige Ideen überlegt. Ganz bewusst haben wir unsere Anliegen als Ideensammlung zusammengefasst. Denn wir sind davon überzeugt, dass in der Bobinger Bevölkerung noch viele weitere gute Vorschläge da sind. Die meisten unserer Ideen sind in der interaktiven Karten eingepflegt.
Neben den in der Karte visualisierten Ideen, haben wir noch folgende Punkte in unser grünes Mobilitätskonzept aufgenommen.
Für Fahrradfahrer*innen
- Aufbau einer öffentlichen E-Ladeinfrastruktur für E-Bikes und Lastenräder idealerweise in Kombination mit neuen Fahrradständern
- Errichtung eines öffentlichen Lastenräder-Mietsystems (Dafür haben wir GRÜNE im Stadtrat einen erfolgreichen Antrag zur Bewerbung Bobingens bei einem Modellprojekt gestellt.)
- Durchquerung des Bahnhof Richtung Osten
- Schul-Radwege-Konzept für Grund-, Mittel- und Realschulen
Für Autofahrer*innen
- Temporeduzierungen durch
- Optische Verengungen und kurvige Straßenführung
- Baulichen Maßnahmen, wie z.B. Parkbuchten
- Wechselseitiges Parken (abschnittsweise auf wechselnden Straßenseiten)
- Umleitung des Durchgangs- und Schwerlastverkehrs um Bobingen
- Bessere Beschilderung für LKW-Verkehr im Industriegebiet um Navi-Fehlleitungen vorzubeugen
Für den ÖPNV
- Langfristiges Schnellbusangebot von Bobingen:
- nach Mering St. Afra
- Straßenbahn-Endhaltestelle Königsbrunn
- Stadtbus
- Bürger*innenbus nach Vorbild und Inspiration in Gessertshausen
- Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren kostenlos
- Schüler*innen, Azubis, Studierende bis 28 Jahre kostenlos
- Bushaltestellen in Point IV & V
- Mobilitätsgarantie: flächendeckende Erreichbarkeit von allen Ortsteilen durch Bus und Bahn an Werktagen von 5-24 Uhr in einer mindestens stündlichen Taktung
- Bedarfsorientierte Konzepte für weniger frequentierte Routen
Für die Verwaltung
- Fahrradfreundlicher Arbeitgeber
- Steuerlich begünstigt Dienstfahrräder für Angestellte der Stadt und der kommunalen Unternehmen
- Öffentlichkeitsarbeit und Ideenwettbewerbe zur Steigerung der Bekanntheit und Akzeptanz alternativer Mobilitätsangebote
- Gamification –> Stadtradeln
- Preis für nachhaltige Mobilität
- Aktionen an Schulen
- Mobilitätskonzepte für Neubaugebiete als Standard
Meine persönliche Meinung:
- Aus meiner Sicht ist ein sinnvolles, nachhaltiges und zukunftsfähiges Mobilitätskonzept ein elementarer Baustein für die Zukunft, denn damit werden die Mobilitätsformen und deren Klimafolgen vordefiniert. Ziel muss „Mehr Mobilität – [bei] weniger Verkehr“ sein.
- Ein eindimensionaler Blick auf die Mobilität und ihre Auswirkungen auf das Klima ist zu kurz gegriffen. Denn ein Großteil der Menschen entscheidet sich nicht aus ideologischen Gründen für nachhaltige Verkehrsmittel, sondern aus ganz Pragmatischen: Deshalb müssen sie billiger, spaßiger, gesünder, sicherer, schneller und damit automatisch ökologischer sein.
- Ich wünsche mir von der Stadt mehr Offenheit und Experimentierfreude in Bezug auf neue Mobilitätskonzepte. Deshalb freue ich mich auch, dass mein Antrag zur Bewerbung beim Pilotprojekt zu einem Lastenräder-Mietsystem in Bobingen einstimmig angenommen wurde.
PS: Kommentiert oder schreibt mir gerne eure Meinung und Anliegen 😉
2 comments
Duddel
10. September 2020 at 8:28
Aus welcher Quelle stammen die zitierten 82% Zustimmung?
Lukas Geirhos
10. September 2020 at 9:54
Die Daten stammen aus einer repräsentativen Umfrage des Umweltbundesamtes über das Umweltbewusstsein und können hier nachgelesen werden: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/umweltbewusstsein_in_deutschland_2014.pdf