Das Thema Bauen taucht immer wieder im Stadtrat auf und führt ständig zu großen Diskussionen.
In diesem persönlichen Blog möchte ich Einblicke in meine Gedanken zu den letzten Entscheidungen im Stadtrat geben und vor allem auch über die Ergebnisse aus dem interessanten Vortrag zum Thema „Klimaneutrales Bauen und grüne Stadtentwicklung“ von den Architekten Josef Egger und Klaus Grübnau der architekturagentur berichten. Das Architekturbüro wurde 2020 für das Projekt MaxAcht in Stuttgart mit dem Baden- württembergischen Staatspreis Baukultur ausgezeichnet. Die Jury meinte dazu: „So sollte Wohnungsbau sein – selbstverständlich, nachhaltig, sozial und in einem dialogischen Prozess entwickelt“.
Aktuelle und vergangene Entscheidungen im Stadtrat
Derzeit zum Beispiel stehen in Bobingen die Punkte Gemeinschaftshaus in Waldberg oder Kindergartenneubau an der Krumbacher Straße auf dem ehemaligen Feuerwehrgelände auf der Tagesordnung. In einer ersten Studie zum Kindergarten wurden gute Ideen vorgestellt, wie die Fläche am ehemaligen Feuerwehrgelände sinnvoll für alle genutzt werden kann. Die Lage ist aus meiner Sicht optimal mit der guten Anbindung, nah an den Spielplätzen im Park und der Natur. Damit möglichst viel Platz für die Kinder bleibt, sollen die Eltern auf den Parkplätzen am Bad parken, die sowieso meistens frei sind.
In der jüngeren Vergangenheit ging es auch darum Bauland zurückzuweisen. Wahrscheinlich ein untypischer Schritt, denn normalerweise geht es eher in die andere Richtung.
Der Stadtrat hat am 29.09.2020 einstimmig beschlossen, die Ölwiesen im Flächennutzungsplan von Bauerwartungsland zu Grünflächen zurückzustufen. Dazu habe ich nun drei Kommentare beziehungsweise Gedanken.
- Ich bin etwas skeptisch, ob wirklich alle Stadträte zu diesem Thema abstimmen hätten dürfen. Denn die bayrische Gemeindeordnung besagt in Artikel 49 vereinfacht, dass Mitglieder im Stadtrat bei persönlicher Beteiligung nicht teilnehmen können, wenn sich daraus unmittelbare Vorteile oder Nachteile ergeben könnten – egal ob für sich selbst oder die Angehörigen. Am Ergebnis würde eine persönliche Beteiligung von einigen langjährigen Mitgliedern im Stadtrat allerdings nichts ändern, da sie nicht entscheidend für das Ergebnis waren.
- Gleichzeitig hat die Entscheidung für mich im Nachhinein ein kleines Geschmäckle, denn ich persönlich hatte den Eindruck, dass aus informellen Gesprächen mit dem Bürgermeister und den Anwohner:innen ein formaler Antrag in den Stadtrat gekommen ist.
- Für mich gilt der Grundsatz, dass ich möglichst gut informiert Entscheidungen im Stadtrat treffen möchte. Schade ist mein Gefühl, dass in diesem Zusammenhang wohl ein paar Menschen in Bobingen mehr gewusst haben, als die Mitglieder im Stadtrat zum Zeitpunkt der Entscheidung. Gut ist, dass die Ölwiesen vorerst nicht bebaut werden können.
Grüne Ortsversammlung zum Thema Bauen
Die Thematik und Berichterstattung rund um die Ölwiesen sind der Grund, weshalb der Kontakt mit dem Bobinger Architekten Josef Egger zustande kam. Aus meiner Sicht haben sich die Gespräche richtig rentiert, denn ich habe dadurch eine neue faszinierende Facette zum Thema Bauen und Stadtentwicklung kennengelernt.
Wie die Zukunft zum Thema „Klimaneutrales Bauen und grüne Stadtentwicklung“ im Detail aussehen kann, habe ich in dem gemeinsamen Vortrag von dem Bobinger Architekten Josef Egger und Klaus Grübnau von der mehrfach ausgezeichneten architekturagenturverfolgt. In der grünen Ortsversammlung am 07. Dezember 2020 haben 28 Interessierte in einem begeisternden Vortrag mehr über nachhaltiges Bauen mit Massivholz und eine grüne Stadtentwicklung anhand eines Konzeptes für Bobingen erfahren.
Klimaneutrales Bauen mit Massivholz - Wie funktioniert's?
Dass der Sektor Bauen wichtig ist, war mir von vorherein schon bewusst, denn schließlich stehen Häuser für mehrere Jahrzehnte. Dass er jedoch so bedeutend ist und ca. 30 % unserer C02-Emissionen ausmacht – wenn man Bauen und die Herstellung der Baustoffe mit einbezieht – war mir neu. Das zeigte Klaus Grübnau gleich am Anfang und machte damit den Hebel und die Notwendigkeit für klimaneutrales Bauen für alle klar. Dieser bedeutende Anteil verknüpft mit Denken in Kreisläufen, bei dem nicht nur ein Teil der Produktion, das Bauen, der Betrieb und der Abriss mitgedacht werden, sondern auch gerade noch die Entsorgung und Wiederverwendung von Baumaterialen, machten deutlich, welch großes Potential im klimaneutralen Bauen steckt. Im Anschluss ist Klaus Grübnau im Detail auf Häuser aus Massivholz als CO2-Speicher eingegangen. Normalerweise setzt ein Wald nach einer gewissen Zeit genauso so viel CO2 frei, wie er speichert. Denn dann befindet sich der Wald im natürlichen Gleichgewicht zwischen verottendem Totholz und Laub – es entsteht CO2- und gesunden Bäumen – sie binden CO2. Wenn allerdings das Holz für den Bau von Wohnungen verwendet wird, wirken diese als Speicher für CO2, da das Holz im Wald nicht verrottet und gleichzeitig wächst neues Holz nach. Das Potential ist riesig. Die architekturagentur als Mitglied bei der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen setzt sich mit coolen und Konzepten für innovatives und modernes Bauen ein. Es war eindrucksvoll zu sehen, wie mit dem Massivholz heutzutage C02-neutral, wohngesund, leimfrei, recyclebar, ressourcenschonend, zukunftweisend gebaut wird. Danach haben wir den Blick erweitert und uns von einem einzelnen Haus zu einem ganzen Stadtteil gewandt.
Wie schaut ein grüne und resiliente Stadt aus? - Konzepte und Ideen am Beispiel von Bobingen
Diesen Teil übernahm der Bobinger Architekt Josef Egger. Zum Einstieg haben wir eine Latte an Stichwörtern zum Thema Bauen gesehen, die uns fast erschlagen hätte. In einem Bauplan können praktisch gar nicht alle Punkte mitgedacht werden, sodass die richtigen Prioritäten gesetzt werden müssen. Als Stadtrat kann ich bestätigen, dass das Thema Bauen unglaublich komplex und vielseitig ist. Ein großer Teil meiner Zeit für den Stadtrat verwende ich für das Thema Bauen. Allerdings finde ich auch, dass es sich lohnt ein bisschen mehr Zeit darin zu investieren, denn die Entscheidung steht für Jahrzehnte, wenn nicht sogar Jahrhunderte, sprichwörtlich fest.
Die wichtigsten Punkte aus meiner Sicht, sind hier in der Zusammenfassung:
Bauen und Umwelt gehen gemeinsam. Vor allem, indem die notwendigen Synergien für eine integrierte und resilienten Stadtentwicklung zusammen gedacht werden. Zum Beispiel anhand von Stichworten wie:
- Klimaneutralität:
- Massivholzbau als CO2-Speicher
- Biodiversität:
- Ausgleichsflächen als Segen für die Natur
- Gemeinnutz;
- Parkflächen für die Öffentlichkeit
- Flächenverbrauch:
- Mobilität und Mehrfamilienhäuser
- Gemeinschaft und Miteinander:
- Baugebiet als Quartier mit Gemeinschaftsflächen für Co-Working, Café, Quartiersläden
- Konzeptvergaben
- Wohnbaugemeinschaften
- Mobilität:
- Autofreie Erschließung durch Quartiersgaragen und damit weniger Verkehrsflächen
- Sharing Angebote (Auto, Fahrrad, Lastenrad, Elektroroller, etc.)
45 Minuten Fragen sind Zeichen von großem Interesse
Nach den zwei kurzweiligen und begeisternden Vorträgen wurden den zwei Experten von den Zuhörer:innen aus Bobingen und ganz Schwaben 45 Minuten lang Fragen gestellt und gemeinsam diskutiert, von denen ich die Einprägendsten hier erwähnen möchte.
Die erste Frage bezog sich darauf, wie sich Wohnbaugemeinschaften finden. In Großstädten kommt es immer mal wieder vor, dass sich Genossenschaften gründen oder Wohnbaugemeinschaften zusammen kommen. Im Gegensatz zu den größeren Städten mangelt es auf dem Land erstens am finanziellen Druck gemeinsam nach kostengünstigeren Lösungen zu finden, zweitens an Menschen die offen für diese Ideen sind und drittens benötigen solche Innovationen die Unterstützung der Kommune.
Die zweite Frage drehte sich ums Thema Modulares Bauen. Auf dem Papier funktionieren diese Konzepte gut, jedoch werden sie selten in die Tat umgesetzt.
Und dann gab es noch jede Menge Fragen zu technischen Details, für die ich gerne an die Architekten verweise 🙂
Lessons Learnt - 5 Punkte
- Ich möchte in Zukunft in einem Haus aus Holz leben.
- Beim Thema Bauen lohnt es sich genau hin zu schauen, denn damit können wir heute schon in einen bedeutenden Schritt in Richtung Klimaneutralität machen. Ich finde wir müssen als Bobingen als Teil von Deutschland unseren gerechten Beitrag dazu leisten. Denn jeder normale Mensch hält sich auch an Verträge und Abmachungen – Stichwort Pariser Klimaziele.
- Überraschend ist für mich immer wieder, wie innovativ und „konservativ“ die Ideen rund um Wohnbaugemeinschaften, Genossenschaftsbau zugleich sind. Es kommt mir vor, als ob der Begriff der generationsübergreifenden (Bauern-)Familie einfach nur erweitert wird und es damit zu einer Art Renaissance kommt – nach dem Motto Back to the future. Auch nachwachsende Rohstoffe als Baumaterial sind alles andere als eine Neuigkeit.
- Die Ideen und Konzepte von nachhaltigen Bauen sind begeisternd und gehören für mich definitiv nach Bobingen – besser heute als (über)morgen.
- Deshalb werde ich mich als Stadtrat schon heute für die besten Ideen und Konzepte in unserer Zeit stark machen. Denn unsere Veranstaltung mit dem Bobinger Architekten Josef Egger und seinem Kollegen Klaus Grübnau haben eines gezeigt: Klimaneutrales Bauen ist schon heute möglich – wirtschaftlich, sozial, nachhaltig – gut für Bobingen.